Als Habach noch einen eigenen Feiertag hatte

Dr. Josef Freisl, Ortschronist

 

In den Jahren 2023/24 feiert Habach das Doppeljubiläum seines Kirchenpatrons, des heiligen Ulrich, Bischof von Augsburg, anlässlich des 1100. Jahrestags seiner Bischofsweihe und seines 1050. Todestags. Es sollen daher Zeugnisse von ihm, bekannte und vergessene, ins Bewusstsein geholt und näher betrachtet werden:

Jetzt geht es um ein fast vergessenes Ereignis in unserer Pfarrei, das auch auf den hl. Ulrich zurückgeht, ein eigener Feiertag, nur für Habach.
In der Vindelicia Sacra, der Beschreibung des Landkapitels Weilheim von Franz Gailler von 1756, heißt es:
„Die Überführung der Gebeine des Hl. Ulrich am 2. Werktag nach dem Weißen Sonntag (der erste Sonntag nach Ostern) soll ein Feiertag sein, so haben es die Habacher in einem Gelübde festgelegt.“ Seitdem war dies ein ganz besonderer Feiertag in Habach. Die Formulierung die „Überführung der Gebeine des hl. Ulrich“ war sicher eine mittelalterliche Übertreibung im Überschwang des großen Ereignisses. Vermutlich war eine kleine Reliquie des für Habach bedeutenden Heiligen übertragen worden. Diese Translation – die feierliche Überführung der Reliquie – stellte im frühen Habach eine große, tiefgreifende Begebenheit dar, die diesen örtlichen Feiertag in Habach begründete. Leider gibt es keine weitere Aufzeichnungen darüber. Gewiss können wir davon ausgehen, dass dieser Tag ein Höhepunkt im religiösen Jahreslauf der Pfarrei Habach war, den unsere Vorfahren groß gefeiert haben. Man kann sich gut vorstellen, dass die Bewohner der Nachbarorte mit einer gewissen Ehrfurcht und ein wenig Neid auf diesen „arbeitsfreien Tag“ der Habacher geschaut haben.

Wann und warum das Gelübde von den Habachern abgelegt wurde, lässt sich nicht mehr feststellen. Eine Ursache für die spärliche Quellenlage dürfte der schwärzeste Tag in der Habacher Geschichte sein, der 17. Juli 1704, als Habach von den Tirolern im Spanischen Erbfolgekrieg in Brand gesetzt worden war und dabei viele Aufzeichnungen zu Asche wurden. Auch die Bombenangriffe im 2. Weltkrieg auf Augsburg mit seinem Diözesanarchiv haben große Teile der Unterlagen unserer Pfarrei zerstört.
Wann der Festtag in unserer Pfarrei abgeschafft wurde, können wir aus den allgemeinen Verordnungen der damaligen Zeit ungefähr erschließen. In der Mitte des 18. Jahrhundert zählte man nicht weniger als 124 Feiertage im katholischen Bayern, 52 Sonntage und 72 Feiertage, zum Vergleich: Bayern hat heute 13 Feiertage. Angesichts der damals wirtschaftlich schlechten Lage des Landes erließ 1772 der bayerische Kurfürst Maximilian III. Joseph ein Mandat zur Feiertagsreduktion, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Bayerns zu verbessern.
Viele Jahrzehnte leistete das Volk erfolgreich „passiven Widerstand“ gegen die eingeleitete Reform, also die Abschaffung von Feiertagen. Die Verordnungen durchzusetzen, gelang dem bayerischen Staat nur bedingt. An den abgeschafften (abgewürdigten) Feiertagen wurde nur das Nötigste gearbeitet. Trotz allem Festhalten der Bevölkerung an der lebendigen, vielfältigen Frömmigkeitskultur und den religiösen, barocken Bräuchen aus der Chorherrenzeit setzte sich der säkulare Staat durch. Diese Entwicklung, besonders die Säkularisation 1802/1803, war nicht nur Habach eine große Zäsur.

 

Die Reliquie des heiligen Abundius

Ob Bischof Ulrich die Reliquie direkt seinem Eigenkloster in Habach übereignet hat, die er von seiner zweiten Romfahrt um 952 mitgebracht hatte oder Graf Norbert von Hohenwart, der 1073 die Ulrichskirche erbaute und später das Chorherrenstift Habach gründete, damals der Kirche von Habach diese Reliquie geschenkt hat, als er Domherr von Augsburg war? Die Quellen hierzu sind nicht eindeutig.
Nach Überlieferungen war diese Reliquie eine wichtige Reliquie in der Ulrichskirche. Abundius ein katholischer Priester in Rom, starb um 304 den Märtyrertod. Wann seine Reliquie, die Hirnschale, nach Habach kam, ist nicht eindeutig geklärt.
Sicherlich war sie dem Brauch der Zeit entsprechend wertvoll und aufwendig gefasst und wurde von den Gläubigen tief verehrt.
In den Wirren des Spanischen Erbfolgekrieges wurde Habach am 17. Juli 1704, einem Donnerstag, von einer großen Anzahl von Tirolern geplündert und gebrandschatzt. Auch unsere damals neu erbaute Ulrichkirche (1668 eingeweiht) war schwer in Mitleidenschaft gezogen und brannte teilweise ab. Bei diesem Feuersturm der Tiroler wurde auch die Reliquie des heiligen Abundius für immer zu Asche.
Für uns heutigen Habacher wirken diese Reliquienverehrungen vor Jahrhunderten weit weg, vielleicht sogar ungewöhnlich, aber nicht nur für die Habacher der damaligen Zeit waren Reliquien von großer Bedeutung. Sie gaben unseren gläubigen Vorfahren Kraft, Halt, Zuversicht und tiefes Gottvertrauen besonders bei persönlichen Schicksalsschlägen in schweren Zeiten.