Geologische Geschichte des Raums um Habach
Dr. habil. Ludger Feldmann, Kaarst
- Allgemeine Einführung: Die Entstehung der Landschaft um Habach
- Die Alpen und das Alpenvorland zur Zeit des Molassemeeres vor etwa 25 Millionen Jahren
- Der Raum um Habach zum Höhepunkt der letzten Eiszeit vor 20.000 Jahren
- Der Uffing-Schwaiganger-Stand vor 15.000 bis 16.000 Jahren
- Die Landschaft um Habach gegen Ende der letzten Eiszeit vor etwa 14.000 Jahren
1. Allgemeine Einführung: Die Entstehung der Landschaft um Habach
Die Landschaft um Habach ist aus drei großen Gesteinseinheiten aufgebaut, die jeweils zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind: Die Alpen, die Molasse und die eiszeitlichen Gesteine: Sie geben der Landschaft ihr heutiges abwechslungsreiches Aussehen.
Die ältesten Gesteine bauen die Alpen auf. Sie sind in einem Meer abgelagert worden, das Europa und Afrika trennte. Dabei kam es zur Bildung mächtiger Kalksteinschichten, die heute unter anderem den Heimgarten und den Herzogstand, aber auch die Zugspitze und andere Berge aufbauen. Gleichzeitig kam es in anderen Bereichen des Meeres auch zur Ablagerung von Sand und Ton, aus denen später feste Sand- und Tonsteine wurden. Diese treten heute zum Beispiel in den Köcheln im Murnauer Moos an die Oberfläche und werden dort in den Steinbrüchen abgebaut.
Die Ablagerung der Gesteine begann vor etwa 250 Millionen Jahren und dauerte rund 200 Millionen Jahre an. Da dies alles unter dem Meeresspiegel erfolgte, war von den Alpen noch nichts zu sehen.
Erst sehr viel später, vor etwa 70 Millionen Jahren, wurden die Schichten zum Gebirge aufgefaltet und tauchten langsam aus dem Meer auf. Die Faltung dauerte bis etwa vor 30 Millionen Jahre, die Hebung des Gebirges dauert heute noch an. So hebt sich das Gebirge heute noch um 1 mm pro Jahr.
Mit der Heraushebung der Alpen aus dem Meer entstand im Vorland ein neues Meer, das Molassemeer. In diesem Meer wurde der Abtragungsschutt abgelagert, den Flüsse aus den noch jungen Alpen mitbrachten. Dadurch ist das Molassemeer langsam aufgefüllt worden. Bei den Gesteinen handelte es sich zunächst um losen Kies und Sand sowie Mergelschlamm. Daraus sind später feste Konglomerate, Sandsteine und Mergelsteine geworden.
Am Alpenrand wurden diese Gesteine schließlich noch gefaltet, so daß sie heute als steilstehende Schichten zu langgestreckten Hügelketten führen. Beispiele hierfür sind die Anhöhe des Eichbichl, die eine Verlängerung über die Autobahn bis nach Penzberg hat, die Hügelkette der Aidlinger Höhe, die sich im Baumberg fortsetzt, im Königswald umbiegt und über Pölten und Murnau bis nach Bad Kohlgrub zu verfolgen ist. Die Molassegesteine haben ein Alter zwischen 37 und 10 Millionen Jahre.
Bei der dritten Gesteinschicht handelt es sich um eiszeitliche Kiese, Sande und Lehme, die von Gletschern und deren Schmelzwasser abgelagert wurden. Insgesamt gab es im Alpenvorland mindestens sechs Vergletscherungen, wahrscheinlich waren es mehr. Im Raum Habach sind allerdings nur Ablagerungen aus der letzten Eiszeit erhalten geblieben, die vor 20.000 Jahren ihren Höhepunkt hatte. Alle älteren Ablagerungen aus früheren Eiszeiten wurden vom Gletscher der letzten Eiszeit abgetragen. Diese Ablagerungen sind vor allem im Gebiet von Staffelsee und Riegsee und nördlich von Habach verbreitet.
2. Die Alpen und das Alpenvorland zur Zeit des Molassemeeres vor etwa 25 Millionen Jahren
Die Landschafts-Entstehung ab der Molassezeit wird im folgenden in vier Abbildungen dargestellt. Alle Abbildungen zeigen den gleichen Ausschnitt zu verschiedenen Zeiten. Zur Orientierung wurde die heutige Lage verschiedener Ortschaften eingetragen. Die Blickrichtung ist jeweils nach Osten, rechts ist Süden, links Norden.
Habach lag zu dieser Zeit an der Südküste eines Meeres, das vom Alpenrand bis zur Schwäbisch-Fränkischen Alb reichte. Die Alpen, von denen die nördlichsten Ausläufer dargestellt sind, hatten noch nicht die Höhen und das Aussehen eines Hochgebirges. Sie waren vergleichbar mit einem heutigen Mittelgebirge. Es herrschte ein subtropisch-feuchtes Klima vor.
Weit verbreitet war die Landschaft von einem Urwald bedeckt, aus dem nur vereinzelt helle Kalksteinklippen herausschauten. Aus dem Gebirge flossen viele breite Flüsse nach Norden (in der Abbildung nach links) und mündeten an einer reich gegliederten Küste ins Meer. Hier fanden sich zahlreiche flache Inseln, Buchten und abgeschnürte Seen.
Die Flüsse brachten aus dem Gebirge Geröll und Schlamm mit und lagerten diesen an der Mündung ab. Dadurch wurde die Küste zunehmend nach Norden verlegt, so daß das Molassemeer schließlich verlandete. Aus den Ablagerungen sind später feste Konglomerate (Nagelfluh) und Tonsteine entstanden, die heute in den Molassegesteinen zu finden sind.
Im Küstenbereich wuchsen zudem ausgedehnte Moorwälder, die nach dem Absterben der Pflanzen in Torf umgewandelt wurden. Daraus ist später die Braunkohle entstanden, die lange Zeit bei Penzberg und Peißenberg abgebaut wurde.
Die Gesteinsschichten wurden nach der Auffüllung des Molassemeeres am Alpenrand gefaltet und liegen heute als steile bis senkrecht stehende Schichten vor. Sie bilden die langgestreckten Hügelketten zum Beispiel zwischen der Höhlmühle und Aidling oder zwischen Pölten, Murnau und Bad Kohlgrub.
Besonders eindrucksvoll sind die verschiedenen Schichten am Einschnitt der Autobahn – aus München kommend – kurz vor der Ausfahrt Sindelsdorf zu sehen.
3. Der Raum um Habach zum Höhepunkt der letzten Eiszeit vor 20.000 Jahren
Die Alpen sind inzwischen zum Hochgebirge geworden. Der Betrachter befindet sich etwa über Unterammergau und blickt nach Osten. Im Vordergrund ist der Gipfel des Hörnl zu sehen. Dahinter liegt das Loisachtal, der Heimgarten und Herzogstand, das Walchenseetal und der Jochberg.
Am Ende der Molassezeit kam es zu einer deutlichen Abkühlung des Klimas, so daß vor etwa 2,3 Millionen Jahren heutige Klimaverhältnisse herrschten. In der folgenden Zeit, die auch als Eiszeitalter oder Quartär bezeichnet wird, wechselten Eiszeiten und Warmzeiten ab.
Die Abbildung zeigt den Großraum um Habach zum Höhepunkt der letzten Eiszeit vor etwa 20.000 Jahren. Aus den Alpentälern (Loisachtal und Walchenseetal) flossen mächtige Eismassen nach Norden (links) ins Alpenvorland, das vollkommen von Gletschereis bedeckt war. Nur die höchsten Gipfel waren eisfrei. Da die Temperatur weit unter 0 Grad Celsius lag, waren die Gipfel vegetationsfrei.
Das Eis floß bis nach Grafrath nördlich des Ammersees, wo es schließlich abschmolz. Da im Gebirge immer wieder neues Gletschereis gebildet wurde, bewegten sich die Gletscher ständig nach Norden und brachten dabei sehr viel Schutt mit, der im Eis einfroren war und beim Abschmelzen des Eises als Moräne abgelagert wurde.
Über Hügeln und Bergkämmen unter dem Eis bildeten sich tiefe Gletscherspalten, zum Beispiel über dem Vestbühl bei Eschenlohe (unten rechts), über dem Kesselberg (rechts oben) und über den Molassebergen bei Murnau, Uffing und Habach.
An der Stelle des heutigen Habach lag zu dieser Zeit eine etwa 400 Meter dicke Eisschicht.
4. Der Uffing-Schwaiganger-Stand vor 15.000 bis 16.000 Jahren
Der Gletscher hatte bereits sehr viel seiner ursprünglichen Ausdehnung verloren und reichte nur noch bis Uffing, Spatzenhausen, Aidling und Großweil. Diese Gletscherausdehnung, die das Eis lange Zeit einnahm, wird als Uffing-Schwaiganger-Stand bezeichnet. An vielen Stellen waren die Molasseberge bereits eisfrei, so der Königswald, der Eichbichl und bei Uffing.
Weite Gebiete waren mit Toteis bedeckt. Als Toteis wird ehemaliges Gletschereis bezeichnet, das keinen Kontakt mehr zum sich bewegenden Gletscher hatte und dadurch bewegungslos wurde. Solche Toteismassen waren nördlich des Gletschers (links auf der Abb.) verbreitet. Die größte Toteismasse (in der Abbildung oben) erstreckte sich vom Kochelsee über Sindelsdorf, das Weidfilz bis zum Starnberger See. Hier war der Gletscher am Kesselberg (oben rechts verdeckt) abgerissen, und die ehemalige Gletscherzunge taute nun langsam ab. Dabei entstanden auf dem Eis kleine Seen und kurze Bäche.
Der Gletscher schüttete an seinem Außenrand den Schutt, den er aus dem Gebirge mitbrachte, in Form von Wällen auf, die als Endmoränen bezeichnet werden. Solche Endmoränen finden sich zum Beispiel in dem Gebiet zwischen Lothdorf, Schießstand und Aidling.
Das Schmelzwasser des Gletschers, das an vielen Gletscherorten aus dem Eis austrat, nahm verschiedene Wege: Es floß nach Westen über Bad Kohlgrub (unten) ab. Mehrere Schmelzwasserflüsse flossen nach Norden (links) ab. Dabei wurden breite Täler angelegt, die heute noch zu finden sind: Das Achtal nördlich von Uffing und ein heute nicht mehr durchflossenes Tal von Hofheim (in der Mitte am linken Bildrand) über Untersöchering, Etting bis Polling. Bei Habach wurde ein Tal durch das Schmelzwasser geschaffen, das unterhalb von Leibersberg beginnt, an Habaching und Habach vorbeiführt – ihm folgt heute die Straße nach Murnau – und bei der Kratzmühle zwischen Eichbichl und Koppenberg nach Norden abbiegt. Ein weiterer Schmelzwasserabfluß begann auf der Fläche zwischen Lothdorf und der Höhlmühle, stürzte dann durch die Schlucht des Nachtgrabens, die durch dieses Schmelzwasser angelegt wurde, und vereinigte sich bei der Kratzlmühle mit dem Schmelzwasser aus Westen.
Der weitere Weg nach Osten, den die heutigen Bäche an Dürnhausen vorbei nehmen, war dem Schmelzwasser durch Toteis verbaut. Es floß nach Norden über Antdorf, Iffeldorf den Osterseen und dem Starnberger See zu. Die Seen gab es zu jener Zeit noch nicht, die Seebecken waren mit Toteis verfüllt.
Das Schmelzwasser brachte sehr viel Kies mit, der schließlich als weite Kiesfläche abgelagert wurde und heute in den Kiesgruben bei Antdorf und an der Autobahn abgebaut wird. Dort, wo der Kies gegen Toteis geschüttet wurde, ist nach dem Abschmelzen des Toteises eine hohe Steilkante geblieben. Auf diese Weise ist die Steilkante entstanden, die die Straße zwischen Habach und Sindelsdorf mit steilem Gefälle hinunterführt. Ebenso geht die Steilkante, die bei Dürnhausen beginnt und bis Sindelsdorf zu verfolgen ist, auf Toteis zurück.
Da es immer noch eiszeitlich kalt war, wuchsen noch keine Pflanzen.
5. Die Landschaft um Habach gegen Ende der letzten Eiszeit vor etwa 14.000 Jahren
Die Gletscher waren in die Alpen zurückgeschmolzen, das Alpenvorland eisfrei. Weit verbreitet herrschten Seen vor. Im Süden (rechts) liegen die Alpen mit Loisachtal, in das das Tal der Eschenlaine mündet, mit Heimgarten und Herzogstand, dem Walchensee und dem Jochberg.
Im Alpenvorland liegen die Hügelketten der gefalteten Molasse (braun) bei Murnau, Habach und Uffing. Weitflächig war die Landschaft von dem Lehm bedeckt, den die Gletscher beim Abschmelzen hinterlassen hatten (hellbraun). Als graue Flächen sind die ehemaligen Schmelzwasserbahnen zu erkennen, die nun teilweise nicht mehr durchflossen wurden. Die Landschaft hat etwa das Aussehen der heutigen Landschaft. Der Unterschied liegt nur in der noch fehlenden flächendeckenden Pflanzendecke.
Mit dem Abschmelzen des Eises blieben zahlreiche große Becken zurück, die der Gletscher ausgeschürft hatte und die nun mit Wasser gefüllt wurden. Einige dieser Seen gibt es heute noch: Staffelsee und Riegsee hatten einen Wasserspiegel, der mindestens 10 m über dem heutigen lag, und damit eine sehr viel größere Ausdehnung. Der Kochelsee (oben) reichte bis dicht vor Sindelsdorf, Benediktbeuern lag an seinem Ufer. Durch Kies, den die Loisach mitbrachte, und Moorwachstum ist der Kochelsee auf seine heutige Größe verkleinert worden. Im Gebiet des heutigen Murnauer und Eschenloher Mooses am Ausgang des Loisachtales, rechts von Murnau, lag ebenfalls ein großer See, in dem die Köchel einzelne Inseln bildeten. Dieser Murnauer See ist inzwischen vollkommen verlandet – durch Torf und Kies. Letzte Reste dieses Sees gab es noch vor 7000 Jahren.
Zahlreiche kleine Seen, die in ehemaligen Toteislöchern lagen, sind inzwischen ebenfalls verlandet.
Die Landschaft um Habach hatte bereits ihr heutiges Aussehen. Das Toteis östlich des Ortes (vergleiche Abbildung 3) war abgeschmolzen und hinterließ die bereits beschriebene Steilkante. Der Heubach, der Nachtgraben und der Sindelsbach konnten nach Osten entwässern, wie sie es heute noch machen.
Langsam wanderten die Pflanzen wieder ein. Die Landschaft war während der Vergletscherung vollkommen vegetationsfrei. Nun aber reichte die Temperatur für eine lückenhafte Tundrenvegetation aus. Im Bereich der feuchten Niederungen wuchs zudem eine erste Moorvegetation.